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anderen zu erkennen und dich um alles zu küm-
mern. Aber wer kümmert sich um dich, Cole?«
»Habe ich behauptet, dass ich jemanden brau-
che, der sich um mich kümmert?«
»Wir alle brauchen hin und wieder Trost und Zu-
wendung. Sogar du, ob du es nun zugibst oder
nicht.« Ihre Stimme klang plötzlich müde. Müde,
sich mit ihm zu streiten. »Ich will mich doch nur um
dich kümmern, deine Freundin und Geliebte sein.
Von Heirat habe ich nie gesprochen, nicht mal von
einer festen Bindung, obwohl es gelogen wäre zu
behaupten, dass ich nicht mehr als eine Affäre woll-
te. Aber dieses Thema steht ja ohnehin nicht mehr
zur Debatte, oder?«
Coles Schweigen sprach für sich selbst.
Melodie seufzte resigniert. Dann hob sie ent-
schlossen das Kinn. »In Anbetracht der verfahrenen
Situation denke ich, es ist besser, wenn ich kündi-
ge.«
Genau das war eine seiner schlimmsten Ängste.
»Das kannst du nicht ernst meinen«, fuhr er sie
barsch an.
»Und du glaubst doch wohl nicht ernstlich, dass
ich nach allem, was passiert ist, hier bleibe? Ich
hatte wirklich angenommen, dass der Fall Russell
dazu beiträgt, deine Meinung über mich zu ändern,
nicht nur in privater, sondern auch in beruflicher
Hinsicht.«
Die Vorstellung, sie könnte in wenigen Minuten
aus diesem Büro und damit aus seinem Leben ver-
schwinden, versetzte Cole in helle Panik. Und das
Chaos in seinem Innern rührte keineswegs daher,
dass er sich um ihr Wohlergehen sorgte. Es waren
ganz andere Ängste, die ihn quälten. »Mel…«
»Du hast deine Gefühle unmissverständlich klar-
gelegt, genau wie ich«, unterbrach sie ihn. »Diese
Entscheidung habe ich zu meinem eigenen Besten
getroffen. Ich habe keine Lust, als Vorzimmer-
Sekretärin zu versauern. Hier bei dir komme ich
beruflich nicht weiter, weil du einfach nicht aufhören
kannst, mich als Richards Tochter zu betrachten,
die du vor allem Unbill beschützen musst. Ich möch-
te in meinem Leben vorankommen, nicht stagnieren
und davon träumen, was hätte sein können. Also
ziehe ich die Konsequenzen und gehe, und zwar
ohne Bedauern.«
Cole bewunderte sie für ihren Mut, sich privat wie
beruflich voll ins Risiko zu stürzen, auch auf die Ge-
fahr hin zu scheitern.
»Bevor ich gehe, sag mir bitte noch eins.« Ihre
Stimme zitterte verdächtig, und ihre Augen schim-
merten feucht. »Fandest du mich eigentlich je att-
raktiv oder nur die Frau, die ich gespielt habe?«
Ein spannungsgeladenes Schweigen senkte sich
über sie. Cole fand sie nicht nur attraktiv, er hatte
sich in sie verliebt – in die einfühlsame, praktisch
veranlagte Frau, die sie gewesen war, und in die
sinnliche, verführerische Sirene, in die sie sich ver-
wandelt hatte. Doch die Worte blieben unausge-
sprochen, denn Cole wusste, dass er die Erwartun-
gen, die mit einem solchen Geständnis verbunden
waren, nicht erfüllen konnte.
»Schon gut. Du brauchst mir nicht zu antworten«,
versetzte Melodie resigniert, als er schwieg. »Ich
glaube, ich will die Wahrheit lieber gar nicht wissen
und damit meine letzten Illusionen zerstören. Es
war ein schöner Traum, solange er dauerte.«
Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und
ging. Sofort überfiel Cole eine tiefe, schwarze Lee-
re, die sein Leben von nun an über Monate verfins-
tern würde, wie er wusste.
»Was würdest du sagen, wenn ich dich bäte, für
mich auf Melodie aufzupassen?« fragte Cole seinen
Bruder. Die beiden hatten sich nach Feierabend auf
ein Bier bei Murphy getroffen.
»Vergiss es«, erwiderte Noah scharf. »Ich bin
nicht bereit, mich an ihre Fersen zu heften, als sei
sie eine Strafgefangene auf Bewährung. Wenn du
wissen willst, wie sie ihre Tage verbringt, dann spi-
onier doch selbst hinter ihr her.« Er schüttelte den
Kopf. »Gott, jetzt übertreibst du wirklich.«
Ja, das tat er wohl, und darüber hinaus war er
zutiefst verzweifelt. Mit einem tiefen Zug leerte Cole
sein Bierglas. Er war hin- und hergerissen zwischen
dem Bedürfnis, die Verbindung zu Melodie auf-
rechtzuerhalten, und der Scham darüber, dass er
ihr im Auftrag seines Vaters nachspioniert hatte.
»Ich will doch nur sichergehen, dass sie okay ist.«
»Das glaubst du doch selbst nicht.« Noah gab
der Serviererin ein Zeichen, zwei weitere Biere zu
bringen. »Du fühlst dich doch nur schuldig wegen
dem, was zwischen euch passiert ist. Das ist ein-
fach lächerlich! Melodie geht es gut, jedenfalls bes-
ser als dir. Jo zufolge hat sie sich bei verschiedenen
Detekteien beworben und bereits einige gute Ange-
bote. Du hingegen vergräbst dich schlecht gelaunt
im Büro und leckst deine Wunden. Im Übrigen
siehst du furchtbar aus, ungepflegt und müde.«
Natalie, die Kellnerin, kam mit der Bestellung und
einer Schüssel Erdnüsse an den Tisch. Während
Noah die Gelegenheit für einen Flirt nutzte, sinnierte
Cole über die Worte seines Bruders nach. Er rieb
sich über das unrasierte Kinn. Noah hatte Recht, er
fühlte sich wie in der Hölle und sah vermutlich dem-
entsprechend aus. Ein wesentlicher Teil von ihm
schien verloren, was dazu führte, dass Cole sich
ziellos treiben ließ. Er hatte die Kontrolle über sein
Leben verloren, war unfähig, wieder Fuß zu fassen.
Nachdem er sich erst einmal seine Zuneigung zu
Melodie eingestanden hatte, ließen sich seine Ge-
fühle nicht mehr bändigen. Und weil er so dumm
gewesen war, Geschäftliches mit Vergnügen zu
verbinden, hatte er die beste Sekretärin verloren,
die er je gehabt hatte.
Das war natürlich nicht der einzige Verlust, den
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